Tag 1 - Reise und Isla del Sol
Als wir am Montagmorgen vor dem ehemaligen Hotel Plaza warteten, stiess Valerio mit einem gewinnenden Lächeln zu uns und begrüsste uns freudig. Valerio ist mit Chantal befreundet, welche ihn uns als Guide für eine Tour zum Titicacasee wärmstens empfohlen hatte. Er hatte uns eine gemäss unseren Vorstellungen passende Tour zusammengestellt, mit Rücksicht auf unser Budget. Valerio wurde auf der Isla del Sol geboren und ist auch dort aufgewachsen. Wer könnte uns diese Ecke Boliviens besser näher bringen als er?
Mit einem Touristenbus fuhren wir von La Paz direkt nach Copacabana. Unterwegs durfte der Bus noch mit einer Fähre über die Estrecha de Tiquina gondeln. Die Landschaft ist spektakulär, so klebten wir regelrecht an der Scheibe.
In Copacabana statteten wir der Basilica de la Virgen Copacabana einen Besuch ab. Spannend, wie auch hier die katholische Kirche die indogenen Völker mit einer auf sie passenden Legende für ihren Glauben einnehmen konnte. So soll ein Inka versucht haben, die ihm erschienene Jungfrau als Skulptur zu gestalten. Das Resultat überzeugte die verantwortlichen Geistlichen jedoch nicht. So ging er nach La Paz und widmete sich zwei Jahre lang der Aufgabe, ein Abbild der Jungfrau zu erschaffen. Als er dies schliesslich vollbracht hatte, überführte er die Skulptur nach Copacabana und wurde mit grossem Trubel empfangen. Noch heute steht das Original in einer Kappelle im Gotteshaus der Franziskaner.
Nach dem Mittagessen in einem Restaurant an der Strandpromenade des Städtchens setzten wir zusammen mit anderen Touristen in einem Boot über auf die Isla del Sol. Der Titicacasee hat seinen Namen von einer Raubkatze mit dem Namen Titi. Da das Tier grau gefärbt ist und die Spanier den Begriff dafür nicht richtig aussprechen konnten, erhielt der See den heutigen Namen. Er misst etwas mehr als 8‘000 Quadratkilometer, dass ist 15x grösser als der Bodensee. Er ist der höchstgelegene Bergsee auf rund 3‘800 Meter über Meer, der grösste Süsswassersee Südamerikas und der 17. grösste Süsswassersee der Welt.
Wir legten nach anderthalb Stunden auf der Südseite der Insel an, um als erstes gleich den Templo Pilkokaina zu besuchen (http://milapaz.travel/atractivo_turistico/index/pilcocaina__templo_del_sol_/360). Pilkokaina bedeutet sitio a donde descansa el ave. Ort, an dem der Vogel ruht. Und Vogel bezieht sich hier wiederum auf den Inkakönig. Dieser Ort diente dem Inkakönig bei seinen Reisen von Cuzco auf die energieriche Insel als Ort zur Erholung nach seiner anstrengenden Reise und diente wohl auch als Tempel.
Wir machten sogleich Bekanntschaft mit Albino, einem süssen Alpaca, welches wir für 2 Bolivianios fotografieren durften. Also natürlich wollte das geschäftstüchtige Mädchen pro Person bezahlt werden. Dafür durften wir soviele Fotos machen, wie wir wollten.
Da wir die Höhe spürten, machten wir uns mit kleinen Schritten auf zum Dorf, in welchem wir übernachten würden. Mit regelmässigen Pausen sorgte Valerio dafür, dass wir nicht von den zurückzulegenden hundert Höhenmetern überfordert wurden. Die Insel war unerwartet hügelig. Mehrere Cerros auf der Insel sind um die 4‘000 bis knapp 4‘100 Meter hoch.
Wir bezogen in einem einfachen Hospedaje ein Zimmer mit grossem Doppelbett und mit Aussicht auf den See und die Cordillera Real mit ihren mächtigen 6‘000ern. Auf der Terrasse erholten wir uns erst einmal kurz von der Anreise und genossen die Ruhe und wie sich das Licht der langsam untergehenden Sonne auf dem See spiegelte.
Valerio holte uns im Hospedaje seiner Tante ab, um zum Mirador Pallakasa oberhalb seines Dorfes Yumani hinaufzusteigen. „Jeee, noch mehr Höhenmeter!“ dachten wir und schlossen uns ihm an. Zusammen mit einigen anderen aussichtslustigen Touristen folgten wir dem steinigen Pfad, der uns an einen Römerweg oder an den Inkatrail in Peru erinnerte. Zwischendurch gingen wir einige Schritte durch die kleinen terrassenförmig angelegten Felder und Valerio erklärte uns die Anbautechniken und die verschiedenen Gewächse.
Wir erhaschten einen ersten 360 Grad Rundumblick der Insel und gingen kurze Zeit später hinunter zum Restaurant, in dem Valerios Schwester bereits mit dem Zubereiten des Nachtessens beschäftigt war. Wir machten es uns auf der Terrasse mit einem Bierchen und einem Wein gemütlich. Der erste Wein war leider schon Essig, worauf Prisca eine ganze Weinflasche bestellte, die wir mit einem Brasilianer und den zwei Guides teilten. Das Essen war einfach aber lecker und wir assen uns mehr als satt.
Der Rückweg war im Dunkeln und über die holprigen Wege zurück ins Hotel eine kleine Herausforderung. Im Licht der Taschenlampen und mit der Hilfe von unserem persönlichen Reisebegleiter kamen wir wohlbehalten an und schlüpften im kalten Zimmer zügig unter die Decken.
Tag 2 - Ruinas de Inkas, Höhentraining und mehr...
An unserem zweiten Tag auf der Insel sollte es bereits um 05.00 Uhr los gehen, denn wir wollten in den Norden. Kein einfaches Unterfangen, da sich die beiden Comunas, welche im Norden und in der Mitte der Insel leben, in einem gröberen Konflikt befinden. Die Mittleren lassen keine Touristen über ihr Land zu den Ruinen im Norden. Gemäss Valerio bestünde die einzige Möglichkeit darin, sehr früh am Morgen den Kontrollpunkt zu umgehen - so der Plan. Dieser änderte jedoch, weil im seine Eltern vehement davon abgeraten hatten. So organisierte er uns für 06.00 Uhr eine Lancha, welche uns mit der obligaten Verspätung abholte und uns in den Norden nach Challapampa fuhr.
Von hier aus starteten wir unsere Wanderung. Entlang des kleinen Strandes und hinauf in die hügelige Landschaft wanderten wir auf dem Camino Inka bis zum Templo Chinkana. Auf dem nachempfundenen Opferstein ruhten wir uns aus und Valerio servierte uns ein tolles Frühstück.
Danach erklärte er uns den heiligen Stein und den Tempel, der eine Art Labyrinth darstellt. Obwohl er diese Ruine kennt, hatten wir uns darin prompt kurz verlaufen. Die Aussicht von diesem heiligen mystischen Ort ist einfach atemberaubend.
Und sie wird noch besser, wenn man auf die Spitze des kleinen Berges ganz im Norden hoch geht. Wir nahmen uns die Zeit und bauten wieder einmal ein Steinmännchen. Wir wollten gar nicht mehr hinunter - so schön war‘s.
Danach ging es ein Stück den selben Weg zurück und eine Schlaufe auf dem Teil, der eben eigentlich nicht für Touristen zugänglich wäre. Wir kürzten jedoch ab, da unser Boot noch immer im Hafen wartete, um uns zurück zu fahren.
Wir stiegen jedoch an einem anderen Ort aus und spazierten wieder hoch. Der Weg führte entlang und mitten durch Terrassen mit Hafer, Kartoffeln, Aba, Weizen etc. in Richtung des Miradors vom Vortag und zum Restaurant, wo Valerio‘s Schwester ein Buffet Andino zum Mittagessen für uns vorbereitet hatte. Dieses bestand aus allerlei Köstlichkeiten, welche auf der Insel angebaut oder produziert werden. Als Gemüse gab es Quinoa, Haba (Ackerbohne), einen Mais, frische und getrocknete Kartoffeln und Oka (Knolle des knolligen Sauerklees). Die Forelle war gar gefangen vom Vater, der ist nämlich Fischer. Sehr Lecker!
Im Anschluss schlenderten wir durch Yumani hinunter zum Puerto Principal, vorbei an der Fuente de la Juventud. Wir nahmen ein weiteres Mal das Boot, diesmal um auf die Isla de la Luna zu gelangen. Die halbstündige Überfahrt war perfekt für ein Powernap, waren wir doch schon seit 04.30 Uhr wach.
Auf der Isla de la Luna lebten zu Zeiten der Inka nur Frauen. Der Legende nach waren es die schönsten Jungfrauen weit und breit, die dem Inkakönig bei seinen Besuchen „zur Verfügung standen“.
Auch auf der Mondinsel befindet sich alles in der Höhe. So stapften wir hinauf zum Templo Ajlla Huasi (Templo de las Virgines). Hier tankten wir Energie und legten Mutter Natur - Pachamama - einige Cocablätter als Opfergabe hin.
Valerio lotste uns über den höchsten Punkt der Insel auf die andere Seite, wo sich das kleine Dorf befindet. Aktuell leben heute 23 Familien auf der Insel, es gibt eine Schule mit 5 Schülern und die wohl kleinste Kirche in Bolivien.
Unser Boot wartete bereits im Hafen, um uns zurück zur Sonneninsel zu bringen. Während der Überfahrt konnten wir in Richtung Osten die Blitze eines starken Gewitters beobachten, und wie sie sich im Titicacasee entluden.
Ganz im Süden der Insel wurden wir an Land gebracht und nahmen nun noch die letzten Kilometer zurück nach Yumani in unser Hospedaje in Angriff. Neben der schönen Landschaft hatten wir auch Freude an den Tieren auf der Insel: Esel, welche vor allem zum Arbeiten benötigt werden, ab und an ein Lama oder Alpaca sowie viele Schweine.
Die Isla del Sol ist mit ihren 9,5 km Länge die grösste Insel im Titicacasee und als wir am Abend im Restaurant unsere Health App ein erstes Mal checkten, zeigte diese bereits 18,5 km und einiges an Stockwerken an. Einmal mehr bekochte uns Valerios’s Schwester - es gab Trucha, wiederum vom Vater gefischt.
Müde vom Tag und geflasht vom Erlebten sanken wir in unser Bett im eiskalten Zimmer. Aber keine Angst: wir haben nicht gefroren, denn wir lagen unter zig Schichten Lamawolldecken sowie einer Daunendecke - aber bewegen konnte man sich darunter nicht. Und die App meinte folgendes:
Tag 3 - Zu Besuch bei den Einheimischen und Rückkehr nach La Paz
An unserem letzten Tag verbrachten wie nur noch den Vormittag auf der Insel und besuchten Valerios’s Familie. Er wollte uns zeigen, wie diese lebt und von was sie lebt. Wie schon erwähnt, ist sein Vater Fischer und zudem betreiben seine Mutter und die vier (von acht) Geschwister, die auf der Insel leben, Landwirtschaft.
Die Schwester kocht zusätzlich im eigenen Restaurant und der älteste Bruder German ist ebenfalls Touristen-Guide. Im Innenhof/Garten gibt es ein paar wenige Pflanzen, u.a. die der Guyaba bzw. der Passionsfrucht ähnelnde Tumbo, deren Saft es gestern zum Mittagessen gab.
In der Küche trafen wir die Eltern, die neben Aymara nur ganz wenige Worte Spanisch sprechen. Des weiteren werden in der Küche Meerschweinchen gezüchtet, welche dann natürlich jeweils auf dem Teller landen.
Die Frauen in der Familie stellen ausserdem sehr schöne und für Bolivien typische Strickwaren aus Lamawolle her und weben farbenfrohe Tücher. Leider haben wir in unserem Gepäck keinen Platz.
Für den Rückweg nahmen wir wieder die Touri-Lancha zurück nach Copacobana, wo es ein weiteres Mal ein Mittagessen gab. Für einmal liessen wir die Suppe aus. Während der Rückfahrt nach La Paz im Bus organisierte Valerio die Expedition zum Huayna Potosí mit Start am Folgetag. Da wir im Zentrum von La Paz im Busterminal ankamen, begaben wir uns nochmals zu Coca Travels, um den Trip in den Salar de Uyuni und die Reise nach San Pedro de Atacama in Chile zu buchen.
Ein spezielles Dankeschön an Valerio Mendoza, der alles für uns organisiert hat und dies zu einem für uns fairen Preis von 1‘100 Bolivianos pro Person, mit privaten Booten am zweiten Tag inklusive. Gerne empfehlen wir ihn an dieser Stelle weiter.
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